Der Tragschrauber

Geschichte

 
 

Der Tragschrauber, auch Gyrokopter oder genannt (im englischen Sprachgebrauch mit „c“ geschrieben (Gyrocopter), gelegentlich auch Autogyro bzw. auch Autogiro) wurde um 1920 herum in spanischen Gefilden erfunden – lange glaubte man: von Juan de la Cierva y Codorniu (1895-1936). Tatsächlich gab es eine Vorläuferidee.

Sie wurde auf Mallorca verfolgt, von dem Bauernsohn Pere Sastre Obrador (1895-1965), auch Pere de Son Gall genannt, nach dem Landschaftsgebiet des Bauernhofs seiner Eltern. Weil sein Vater früh starb, musste er mit seiner Mutter und Schwester den Hof betreiben. Er war jedoch der Physik und der Technik zugeneigt und konstruierte tatsächlich den ersten Tragschrauber, mit dem ihm Ende 1918 der Erstflug gelang. Sein „Cometa-Giro-Avión“ (Abbildung 3) hatte einen Dreizylinder-Sternmotor aus einem Motorrad.

Pere Obrador verfügte jedoch nicht über die Mittel, das Fluggerät zu einer kommerziellen Version weiterzuentwickeln. Er eröffnete seine Idee – untermauert mit Plänen und Bildern – dem damaligen Kriegsminister Spaniens, Don Juan de La Cierva y Peñafiel, ohne jedoch Unterstützung dafür zu erhalten. Die Pläne blieben allerdings in Madrid, und der Sohn des Ministers, der bereits bekannte Juan de la Cierva, patentierte das Prinzip als Autogiro!

Der Ministersohn Juan de la Cierva hatte eine sehr noble Absicht: er wollte ein Fluggerät entwickeln, das – bildlich ausgedrückt – nicht ins Trudeln kommen kann. Ein überzogener Flugzustand tritt dann ein, wenn die Luftströmung über den Tragflächen abreißt. Für das Flugzeug bedeutet dies: Es geht bergab, und zwar meist in einer korkenzieherartigen Drehung. Es ist schwierig und kann sogar unmöglich sein, diesen Flugzustand zu beenden – mit entsprechend tragischen Folgen für die Insassen.

Der Ministersohn verfolgte für sein Fluggerät die geniale Idee Bauernsohns: Wenn sich die Tragflächen des Flugzeugs drehen, dann gibt es keine linke oder rechte Seite, zu der hin das Flugzeug abstürzen kann. Viel mehr noch: Durch sich drehende Flügel streicht permanent Luft über sie, es wird also permanent ein Auftrieb erzeugt. Schlimmstenfalls reicht der Auftrieb nicht, dass der Tragschrauber die Höhe hält, aber er kann noch sanft nach unten gleiten.

De la Cierva benötigte jedoch rund 20 Modelle, bis ein stabiler Flug mit solch einem Gerät gelang. Als größtes Problem erwies sich die Notwendigkeit, unterschiedliche Auftriebskräfte zwischen dem sich nach vorne bewegenden Rotorblatt und dem sich nach hintem bewegenden auszugleichen. In seinem Patentantrag von 1920 und den ersten Modellen versuchte de la Cierva dies mit zwei auf einer Achse angebrachten, gegenläufigen Rotoren (Abbildung 2). Er konnte damit jedoch keinen stabilen Flugzustand erreichen. Die wegweisende Idee kam ihm, als er analysierte, warum die großen Modelle mit Koaxialrotor instabil wurden, während kleine stabil flogen: Die Kleinmodelle hatten Rotorblätter aus Bambusstreifen und Japanpapier, waren demnach sehr flexibel, anders als die Rotoren der Großmodelle. Diese Flexibilität der Rotorblätter übertrug der spanische Erfinder derart auf den starren Rotor eines großen Flugmodells, indem er die einzelnen Rotorblätter an Schlaggelenken befestigte. Sie ermöglichten jedem einzelnen Rotorblatt, sich in einem bestimmten Maße nach oben oder nach unten zu bewegen. Mit dem derart konstruierten Fluggerät C.4, also einem mit einem an Schlaggelenken aufgehängten, sich drehenden Flügeln, machte der Spanier am 17. Januar 1923 einen ersten erfolgreichen Flug.

 

Fotos:

  1. 1.Berlin, im September 1930, Original-Bildunterschrift: „Das Windmühlen-Flugzeug des Spaniers de la Cierva ist auf dem Central-Flughafen in Berlin-Tempelhof eingetroffen!“. Deutlich wird bei der Abbildung, dass sich ein Tragschrauber eher vom Flugzeug als vom Hubschrauber ableitet (Bild: Bundesarchiv 102-10462).

  2. 2.Die Patentschrift von Juan de la Cierva aus dem Jahre 1920 zeigt deutlich das zunächst angedachte Koaxialrotor-Konzept (Bild: Archiv Juan de la Cierva).

  3. 3.Cometa-Giro-Avión, ein restauriertes Modell des Tragschraubers von Pere de Son Gall; Ausstellung in Llucmajor 2010 (Bild: Antoni Salvà (https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Cometagiroavio.jpg), „Cometagiroavio“, https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/legalcode).

Der Tragschrauber: Die Geschichte

© 2018 Rolf Kickuth                                            zurück zur Startseite